Overtourism - die Schattenseiten der Reiselust
Beitrag für den Newsletter Finanzbildung mit Wissen rund um Wirtschafts- und Geldthemen

Overtourism, auch bekannt als Massentourismus oder Übertourismus, ist in den vergangenen Jahren an einzelnen Orten zu einem immer größeren Problem geworden. Wie der Name schon andeutet, ist mit Overtourism die Überlastung einzelner Städte und Regionen durch eine zu hohe Anzahl an Touristen gemeint. Dabei ist der Tourismus für viele dieser Orte grundsätzlich ein wichtiger Wirtschaftszweig, der erheblich zu Entwicklung und Wohlstand beiträgt. Doch wenn die Besucherzahlen die Kapazitäten eines Reiseziels übersteigen, kann sich die Freude über gesteigerte Einnahmen und die wirtschaftliche Belebung im Laufe der Zeit in Ablehnung wandeln. Denn häufig leidet die Umwelt und geht die ursprüngliche Authentizität des Ortes verloren, was dazu führt, dass die Lebensqualität der Einheimischen sinkt. Vor allem der Wohnungsmarkt kann durch exzessiven Tourismus erheblich belastet werden, wenn Wohnungen in Ferienappartements umgewandelt werden und das sinkende Angebot an Wohnungen zu deutlich steigenden Preisen führt. Die Folge ist, dass die Einheimischen zunehmend verdrängt werden.
Ursachen von Overtourism
Die Ursachen für Overtourism sind vielfältig. Ein wesentlicher Faktor ist natürlich das globale Wachstum des Tourismus insgesamt, das seit den 1950er Jahren kontinuierlich zugenommen hat. Verbesserte Verkehrsinfrastruktur, steigendes Einkommen und der Wunsch nach kulturellem Austausch haben dazu geführt, dass immer mehr Menschen weltweit reisen. Trotz wirtschaftlicher Krisen, Pandemien und Umweltbelastungen bleibt die Reiselust ungebrochen. Mit wachsendem Wohlstand in den Schwellenländern hat die Nachfrage nach internationalen Reisen in den vergangenen 20 Jahren noch einmal deutlich zugelegt. Zudem zeigt sich ein Trend, dass Menschen häufiger, aber kürzer verreisen, was die Reiseaktivitäten insgesamt erhöht.
Ein spezieller Treiber sind günstige Flüge und Pauschalangebote, die Reisen für breite Bevölkerungsschichten erschwinglich machen und meist ohnehin schon stark nachgefragte Orte betreffen. Besonders Städtereisen nach Metropolen wie Paris, London, Prag oder Kopenhagen sind äußerst beliebt. Die Digitalisierung verstärkt diesen Trend: Plattformen wie Instagram und YouTube präsentieren attraktive Bilder von exotischen Stränden, historischen Städten oder malerischen Seen. Die visuellen Eindrücke motivieren viele Menschen, diese Orte selbst zu besuchen, was die Konzentration des Tourismus auf bestimmte Hotspots zusätzlich verstärkt.
Infrastrukturprobleme und unregulierte Besucherströme
Viele Reiseziele sind infrastrukturell nicht auf die Massen vorbereitet. Städte wie Venedig oder Florenz können den enormen Besucherandrang oft nicht bewältigen. Überfüllte Straßen, überlastete Parkplätze und lange Warteschlangen an Sehenswürdigkeiten sind die Folge. Die unkontrollierte Mobilität, etwa durch Reisebusse, Kreuzfahrtschiffe oder private Fahrzeuge, führt zu Umweltverschmutzung, Lärmbelästigung und einer Verschlechterung der Luftqualität.
Die Wahl der Verkehrsmittel spielt eine zentrale Rolle bei der Umweltbelastung. Flugzeuge, Kreuzfahrtschiffe und Autos verursachen hohe CO₂-Emissionen. Daher ist die Entwicklung nachhaltiger Mobilitätskonzepte wie Carsharing, der Ausbau öffentlicher Verkehrsmittel und Mikromobilitätslösungen (zum Beispiel Leihfahrräder) essenziell, um die negativen Umweltauswirkungen zu reduzieren und gleichzeitig die touristische Erfahrung zu verbessern.
Auswirkungen auf den Wohnungsmarkt
Overtourism kann insbesondere für Städte erhebliche soziale Folgen haben, wenn steigende Lebenshaltungskosten die Lebensqualität mindern. In beliebten Reisezielen wie Barcelona, Florenz oder Berlin sind vor allem die Mietpreise durch die Vermietung an Touristen via Plattformen wie Airbnb erheblich angestiegen und haben viele Einheimische dazu gezwungen, ihre Wohnungen aufzugeben oder in weniger begehrte Viertel umzuziehen. In einigen Fällen verdrängt dies die lokale Bevölkerung vollständig, was die kulturelle Vielfalt und das soziale Gefüge der Stadt erheblich gefährdet.
Gegenmaßnahmen in europäischen Städten
Immer mehr Städte haben begonnen, Maßnahmen zu ergreifen, um den negativen Auswirkungen von Airbnb und Übertourismus entgegenzuwirken. Florenz will Kurzzeitvermietungen in den historischen Stadtzentren drastisch einschränken. Amsterdam hat eine Obergrenze von 30 Nächten pro Jahr für Airbnb-Vermietungen eingeführt, während Barcelona die kurzfristige Vermietung von privaten Zimmern für weniger als 31 Tage verboten hat. Mit diesen Regeln wollen die Behörden den Wohnungsmarkt entlasten und verhindern, dass zu viele Immobilien für den Tourismus zweckentfremdet werden. Doch setzen diese Städte auch auf Anreize für Eigentümer, ihre Immobilien langfristig an Einheimische zu vermieten, anstatt sie als Ferienunterkünfte zu nutzen. Zugleich werden Konzepte erarbeitet, um den Tourismus vor Ort nachhaltiger zu gestalten.
Es wird entscheidend sein, ob diese und andere Regulierungen langfristig greifen und dadurch eine ausgewogene Balance zwischen den wirtschaftlichen Vorteilen des Tourismus und der Lebensqualität der Einwohner hergestellt werden kann. Denn dass es die wirtschaftlichen Vorteile gibt und viele Regionen vom Tourismus ökonomisch profitieren, ist unbestritten. Nur die Schattenseiten gilt es, in den Griff zu bekommen.